Priscilla (2023) | Film, Trailer, Kritik (2024)

Dem King of Rock ’n’ Roll wurde 2022 mit Baz LuhrmannsElvis“ ein überaus pompöses audiovisuelles Denkmal gesetzt. Elvis Presleys Ehefrau Priscilla kommt darin selbstverständlich ebenfalls vor, nimmt jedoch eher einen Nebenpart ein. Dass Sofia Coppola ihr mit „Priscilla“ nun ein eigenes Biopic widmet, ist daher eine sehr begrüßenswerte Entscheidung. Das Werk basiert auf dem 1985 veröffentlichten Buch Elvis und ich, das die 1945 geborene Filmtitelgeberin gemeinsam mit Sandra Harmon geschrieben hat. Hier ist sie als Produzentin beteiligt.

Der Plot setzt 1959 ein. Die 14-jährige US-Amerikanerin Priscilla Beaulieu (Cailee Spaeny) ist mit ihren Eltern nach Wiesbaden gezogen, da ihr Stiefvater (Ari Cohen) als Luftwaffenoffizier dorthin versetzt wurde. In einem Diner wird sie von einem Mann namens Terry West (Luke Humphrey) angesprochen und fürs Wochenende ins Haus von Elvis Presley (Jacob Elordi) eingeladen, der gerade in Westdeutschland seinen Militärdienst absolviert. Mit einer gewissen Skepsis erlauben ihre Eltern den Ausflug.

Bei der ersten Begegnung stellt der Sänger (Jahrgang 1935, und somit um eine Dekade älter als die minderjährige Priscilla) fest, dass die Neuntklässlerin „just a baby“ sei. Priscilla hinterlässt bei ihm allerdings Eindruck und soll erneut vorbeischauen. Rasch kommen die beiden sich näher – der Rockstar und „the little one“, wie Elvis Priscilla nennt. Nicht erst durch Enthüllungen in diesem Jahr über ein Casting-System, das berühmten Männern junge Frauen für After-Show-Partys organisiert, haben diese Momente aufgrund des Alters der Protagonistin und des klaren Machtgefälles eine extrem unangenehme Wirkung.

Dass Coppola diese anfängliche Interaktion dennoch weitgehend romantisch in Szene setzt und die berechtigten Einwände gegen diese Beziehung und deren Zustandekommen auf schwach gezeichnete Nebenfiguren wie die Eltern und Mitschülerinnen Priscillas beschränkt, ließe sich dadurch erklären, dass wir alles aus Priscillas adoleszenter Perspektive erleben.

Die Gespräche zwischen den beiden über Heimweh nach den Vereinigten Staaten, der erste Kuss, die gemeinsamen Dates – das alles deutet objektiv betrachtet nicht unbedingt auf eine allzu tiefe Verbindung hin, ist in Priscillas Augen indes der gänzlich unbedenkliche Beginn einer großen Liebe. Die weichen Töne in der Inszenierung müssen daher nicht zwangsläufig als Verharmlosung interpretiert werden, sondern lassen sich als Verklärung der jugendlichen Heldin begreifen.

Im weiteren Verlauf schlägt Coppola dann ohnehin eine andere Richtung ein. Priscilla zieht zu Elvis in die berühmte Villa Graceland. Der Film entwickelt sich mehr und mehr zu einer Demontage der bis heute verehrten Musik-Ikone – kann dabei jedoch kaum überzeugen, da die zunehmend toxische Beziehung, die nach Priscillas Highschool-Abschluss in Memphis in eine Ehe übergeht, in ihrer verdichteten Schilderung zu einem einzigen Klischee wird.

Dass Hauptdarstellerin Cailee Spaeny mit ihrer voluminösen Föhnfrisur, ihrem stark geschminkten Gesicht und ihren Kostümen samt High Heels stets so anmutet, als würde sie in viel zu frühem Alter in der Schultheater-Aufführung eines Tennessee-Williams-Stücks agieren, ist im Grunde durchaus clever, da Priscillas künstlicher Look letztlich nur ein Produkt ist, als dessen Urheber Elvis erkennbar wird. Dass sich hingegen irgendwann jede Szene wie das bloße Abhaken einer weiteren abstoßenden Eigenschaft von Elvis ausnimmt, macht dieses Biopic leider zu keinem stimmigen Film.

Elvis will entscheiden, welche Kleider Priscilla trägt. Elvis will nicht, dass Priscilla einen Job ausübt. Elvis legt fest, wann sie miteinander Sex haben. Elvis flirtet mit anderen Frauen (und erlaubt sich eventuell diverse Affären). Elvis wirft einen Stuhl nach Priscilla (!). Elvis will die hochschwangere Priscilla verlassen, überlegt es sich dann aber spontan wieder anders. All das kann und sollte thematisiert werden – geschieht hier allerdings in einer nicht immer glaubhaft gespielten Abfolge von Ereignissen, die keine Nähe entstehen lassen. Ganz gewiss nicht zu Elvis, der als Narzisst wie aus dem Lehrbuch erscheint; jedoch auch kaum zur Titelheldin. Für eine Beziehungsstudie ist das alles deutlich zu oberflächlich geraten.

In einigen Augenblicken zeigt Coppola ihre vielfach bewiesenen gestalterischen Fähigkeiten – etwa wenn die Langeweile mitten im Luxus vermittelt wird. Neben einem Drogenrausch des Paares, der wie eine stilisierte Parfumwerbung daherkommt, ist die Aneinanderreihung hochproblematischer Beziehungssituationen, die in ihrer Darstellung nie den nötigen Impact erreichen, da schnell zur nächsten Szene geschnitten oder abgeblendet wird, eine eklatante Schwäche des Werks.

Ganz am Ende ist der Dolly-Parton-Song I Will Always Love You zu hören. Und auch hier will nichts so recht zusammenpassen, wenn nach all den erschreckenden Dingen, die wir gesehen haben, von „bitter-sweet memories“ gesungen wird. Die Ambivalenz der Beziehung zwischen Priscilla und Elvis und das Wesen der Protagonistin, die hier letztlich doch fast nur in Relation zu ihrem männlichen Gegenüber existiert, bekommt der Film bedauerlicherweise nicht wirklich zu fassen.

Gesehen bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig.

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Author: Domingo Moore

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